Das Klappgespenst © Ute Oswald

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Es war stockfinstere Nacht. Kein Mond und kein Stern erhellten die Stube. „Hast Du das auch gehört?“ wisperte Tamara Nora ins Ohr. Nora nickte verängstigt. Irgend etwas hatte sich beim Schrank gerührt. War das eine Maus oder vielleicht sogar ein Marder? Man hat ja schon viel von den putzigen Gesellen gehört, die auf Böden und hinter Schränken ihr Unwesen treiben. Der vierjährige Roman war nicht so ängstlich wie seine Schwestern. Neugierig und furchtlos rannte er zu der Stelle aus der die Geräusche kamen. Doch – in dem Moment kam aus der Schrankschublade etwas Weißes hervor. Es wurde immer größer und immer größer! Erschrocken wichen die Kinder zurück, zogen sich ihre Bettdecken über den Kopf und lugten zu dem unheimlichen Gast. Inzwischen hatte sich die weiße Gestalt aus der Enge befreit und seufzte zufrieden. Die Kinder sahen mit Staunen: Das war ja ein Gespenst! Ein riesiges Gespenst! Nicht so ein schreckliches Burggespenst, nein – das war ein richtiges liebes Gespenst. Groß war es, mindestens so groß wie ein Elefant. Flach war es, wie ein Bügelbrett. Und es war so weiß wie frisch gefallener Schnee. Die Augen strahlten wie Diamanten und schimmerten in einem hellen lila Ton. Die Nase war klein, dafür aber glich der Mund einem großen roten Honigkuchenherz. Auf dem Kopf trug es zwei lustige weiße Locken. So ein Gespenst konnte doch nicht gefährlich sein. Jedenfalls meinten das die Kinder. Vorsichtig schoben sie ihre Bettdecken zurück, um dieses überirdische Wesen zu betrachten. Tamara, mit ihren 9 Jahren die Älteste, fand zuerst die Sprache wieder: „Wer bist du und wie bist du in die Schublade gekommen?“ „Ja, und wie bist du da herausgekommen?“ wollte Nora wissen. Das gar nicht so unheimliche Wesen schaute die drei Kinder vergnügt an und der Lebkuchenherzmund konnte tatsächlich reden: „Ich heiße Klappi.“ „Klappi? Das ist ja ein komischer Name. So heißt man doch nicht!“ lachte Nora. „Doch doch, ich heiß aber so. Ich bin nämlich das einzige Gespenst, das sich zusammen klappen kann.“ „So was hab ich noch nie gehört“, meinte Tamara und Roman schüttelte heftig mit dem Kopf. „Zeigen, zeigen!“ rief Nora. Klappi zog seinen Lebkuchenherzmund in die Breite „Es ist schrecklich, keiner will mir glauben, das es wirklich so ist. Na gut, weil ihr es seid!“ Er bückte sich und „klapp“ war er einmal von oben nach unten zusammengefaltet. Als er seine Gespensterhände umschloß, klappte es wieder und er war plötzlich auch da nur noch die Hälfte. Das machte er ein paar Mal bis er zum Schluß wie eine praktische weiße Leinentragetasche aussah. Die beiden Locken wirkten wie zwei Trageriemen. Die Kinder bekamen einen Schreck: „Klappi, Klappi, mach dich wieder groß. Wenn du so klein bist, können wir ja gar nicht mit dir reden!“ „Das geht trotzdem“, kam es dumpf aus der Tasche. Doch „klapp, klapp, klapp“, hast du nicht gesehen? War Klappi wieder das hübsche große Hausgespenst. „Nun erzähl ich euch, wie ich in die Schublade gekommen bin: Euer Schrank, der stand doch vorher bei eurer Oma. In ihrem Haus geistern meine Mama und mein Papa schon eine Ewigkeit. Ihr müsst wissen, das sind auch ganz liebe Gespenster. Nur, sind sie viel kleiner als ich. So wie es meistens heute ist. Die Kinder werden meistens größer als die Eltern. Die beiden bekamen einen gehörigen Schrecken, als ich immer größer wurde. Doch dann habe ich irgendwann herausgefunden, dass ich mich zusammenfalten kann. Nach dem ersten Versuch musste ich einen ganzen Tag an der Wäscheleine draußen hängen. Ich hatte mein Glück ausgerechnet im Waschraum probiert und da bin ich zwischen die Wäsche geraten. Meine Mutter suchte mich den ganzen Tag und erst am Abend, als die Wäsche trocken war, bemerkte sie mich. Da bekam sie einen gehörigen Schreck und ich musste ihr versprechen, mich nie wieder zwischen der Wäsche klein zu machen. Zum Schlafen lege ich mich gern in eine Schublade, die etwas geöffnet ist. Hätte ich gewußt, dass eure Oma umzieht und euch ihren Schrank schenkt, wäre ich bestimmt nicht hier hinein gehüpft. Aber es ist ja noch gut gegangen. Nun muss ich aber zurück zu meinen Eltern. Die brauchen mich ja beim Gespenstern zur Verstärkung. Bestimmt suchen sie mich schon überall.“ Bleib doch noch. Wir wollen noch so viel von dir wissen!“ riefen die Kinder. „Ein anderes Mal! Ich komme wieder!“ lachte Klappi, machte sich ganz dünn und verschwand durch die Türritze. Still saßen die Kinder in ihren Betten. Hatten sie das alles nur geträumt oder war es Wirklichkeit?

Das wissen wir erst, wenn die zweite spannende Geschichte folgt.

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