Kleider machen Leute – © Ute Oswald
So kann man sich irren
Kennen Sie das? Sie taxieren eine fremde Person und machen sich ein Bild von ihr. Interessant wird es erst, wenn die Auflösung naht…..
Es war Freitag nachmittag. Im strömenden Regen eilte ich zum Hamburger Hauptbahnhof um noch rechtzeitig meinen Zug zu bekommen. Ein sympathischer Herr in meinem Alter hielt mir die Tür zum Abteil auf und hievte den Koffer nach oben. Als ich mir meinen Mantel ausziehen wollte, nahm er ihn mir galant ab und zeigte schmunzelnd auf sein Gegenstück. Auch er hatte sich bei dem Wetter in seinen beigen Popelin-Mantel geworfen. Während wir noch unsere Scherze über den Zufall machten und unsere Sachen an die Haken hängten, stieg eine ältere Dame zu. Auch ihr half der freundliche Mann aus dem Mantel und verstaute das Gepäck. Inzwischen hatten wir unsere Plätze eingenommen. Der Herr und ich am Fenster, die ältere Dame neben mir. Mein Gegenüber holte seine Reiselektüre heraus, ich tat das Gleiche. Hin- und wieder lächelten wir uns zu, um uns dann wieder hingebungsvoll dem Lesen zu widmen. Meine Nachbarin musterte uns und suchte das Gespräch mit mir. Bald legte ich mein Buch zur Seite und wir unterhielten uns über alles, was eine ältere Dame interessiert: Zum Beispiel über das Wetter. Als das Thema erschöpft war, erzählte sie von sich und ihrer Familie. Sie war voller Vorfreude, ihre Kinder und Enkelkinder bald wiederzusehen. Aufmerksam hörte ich ihr zu und ließ hin- und wieder mal eine Bemerkung fallen, wie ohh oder aha. Der Galant am Fenster nickte hin und wieder zustimmend und so hatten wir eine kurzweilige Zeit. Als die nächste Haltestelle angesagt wurde, sprang mein Gegenüber auf, schwang sich in seinen beigen Popelin-Mantel, schnappte sich seinen Koffer und stürzte mit einem kurzen „Auf Wiedersehen“ aus dem Abteil. Fassungslos starrte meine Nachbarin mich an wegen meiner Gleichgültigkeit: „ Haben Sie sich gestritten, vielleicht wegen mir??“ „Nein, ganz und gar nicht“, erwiderte ich etwas überrascht. „Ja, aber warum steigt ihr Mann denn hier einfach aus?“ Ich konnte mich vor Lachen nicht halten: „Keine Sorge, das war gar nicht mein Mann. Mein Mann ist zur Kur in Bad Salzuflen und freut sich riesig, mich bald wiederzusehen!“ Die arme Frau konnte sich einfach nicht beruhigen. Noch bis zu unserem Ausstieg murmelte sie: „Und ich hätte schwören können, Sie sind ein Paar!“…..
Einmal Scholle mit Kartoffelsalat
Wir hatten eine Ferienwohnung für sechs Personen auf Föhr gebucht. Die Insel ist ideal zum abschalten, besonders im Herbst. Unsere Kinder Clemens (13) und Claudia (11) hatten zum ersten Mal ihre gleichaltrigen Freunde mit. Wie sich später herausstellte, war das eine gute Entscheidung. Die Kids vertrugen sich und kannten keine Langeweile. Das entlastete unsere Aufsichtspflicht ungemein. Das Wetter war der Jahreszeit angepasst, nämlich unbeständig. Doch das störte uns nicht. Man muss nur die richtige Kleidung haben und die hatten wir. An einem besonders regnerischen Tag beschlossen wir, nach Wyk zu fahren um Andenken zu kaufen und ein leckeres Fischgericht zu verspeisen. Unsere weißen Öljacken bewahrten uns vor allzu großer Nässe. Vollbepackt suchten wir uns mittags ein ansprechendes Fischrestaurant aus. Ich fand mit den Kindern einen Tisch, während mein Mann noch in seiner Jacke gekleidet, am Tresen die Bestellung aufgab: „Du Clemens, Bratkartoffeln und Brathering? Claudia und Sonja, ihr Krabbenbrot? Ute und Stephan, was wollt ihr?“ In dem Moment kam ein älterer Herr zur Tür herein und rief: „Und ich möchte einmal Scholle mit Kartoffelsalat!“ Mein Mann musterte ihn und antwortete: „Wie schön für Sie!“ So einen unhöflichen Kellner hatte der Gast wohl noch nie erlebt! Fast wäre er umgekehrt. Prustend vor Lachen wiesen wir ihn auf seinen Irrtum hin.
Noch lange hatte der Spruch Und ich möchte Scholle mit Kartoffelsalat eine ganz besondere Bedeutung für uns und war immer wieder einen Lacher wert.
Sitzt ihre Kleidung auch korrekt??
Wir wissen alle, wie wichtig es ist, zu den unterschiedlichsten Anlässen, die richtige Kleidung auszuwählen. Nur, was nützt es, wenn die richtige Kleidung nicht richtig sitzt?
Auf einem Empfang unterhielt ich mich einmal angeregt mit einem aus Funk und Fernsehen bekannten Herrn. Wir sprachen über Politik und die Katastrophen auf der Welt. Ich war von diesem weltmännisch auftretenden Menschen sehr beeindruckt. Doch plötzlich konnte ich mich nicht mehr richtig konzentrieren. Sein Hosenstall stand offen! Was für ein Imageverlust in meinen Augen! So elegant, so korrekt und dann das! Doch wie sollte ich ihn als höfliches Gegenüber auf das Missgeschick aufmerksam machen? Kurzentschlossen meinte ich, im Hinblick auf unsere fettigen Häppchenfinger, dass wir wohl mal zum Händewaschen gehen sollten. Zum Glück verschwand mein Gesprächspartner daraufhin im Herren-WC. Als ich ihn später wiedertraf, hatte alles seine Ordnung – auch seine Hose. Verlegen hob er sein Glas: „Auf die Frauen!“ Und zwinkernd fügte er hinzu: „Und dass sie alles im Griff haben!“
Man sollte nun nicht denken, dass es nur zerstreute Männer gibt: Im Büro hatte ich eine Kollegin, die durch ihre nette Art angenehm auffiel. Sie war nicht nur nett und hübsch, sie hatte auch einen guten Geschmack, was ihre Kleidung betraf. Zu gern hätte ich mir mal ihren Kleiderschrank angesehen. Sie kombinierte Röcke und Blusen so, dass man meinen konnte, sie hätte jeden Tag was Neues an. Meine Kollegin war nicht nur nett und hübsch, sie war auch sehr gesellig und hatte immer was vor. Ich erinnere mich, dass sie einmal unter starkem Zeitdruck stand. Nach Feierabend war sie zu einer Party eingeladen. Ihr Outfit war mal wieder perfekt. Nur noch mal kurz frisch machen und dann sollte es losgehen. Plötzlich stand sie vor uns wie ein begossener Pudel. „Stellt Euch mal vor, was mir passiert ist! Als ich aus der Toilette herauskam, grinste mich ein Herr an und fragte, ob das die neueste Mode sei. Dabei zeigte er auf meine Rückseite. Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen, wie peinlich mir das war! Ich hatte aus Versehen meinen Rock in den Schlüpfer gesteckt!“
So viel ich weiß, ist ihr das nie wieder passiert. Ja, und jetzt wissen Sie, warum die meisten Frauen heutzutage meistens Hosen tragen!
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